Johan Dietrichsen

Fachautor mit einem Master in Gesundheitswissenschaften und Naturheilkunde

Inhaltsverzeichnis

Die Wirkung von Hanfprodukten auf den menschlichen Körper bestimmt sich zu einem großen Teil durch die darin enthaltenen Cannabinoide. Zu den Cannabinoiden gehören CBD und THC. Neben diesen bekannten Vertretern gibt es aber noch über 100 weitere Cannabinoide – Stoffe, die natürlich in der Hanfpflanze vorkommen und unterschiedliche Effekte auf den menschlichen Körper und die Psyche aufweisen.

Wir erklären dir, was Cannabinoide genau sind, wofür die Abkürzungen stehen und welche Eigenschaften sie haben.

Was sind Cannabinoide?

In der Hanfpflanze kommen drei große Gruppen vor: Cannabinoide, Terpene und Flavonoide. Erstere sind aufgrund ihrer vielseitigen Wirkungen und ihres gesundheitsfördernden Potenzials besonders relevant. Aus chemischer Sicht handelt es sich bei ihnen um Verbindungen, die zuerst einmal als Säure in der Hanfpflanze vorliegen. Erst durch weitere Prozesse, wie z.B. Erhitzung, entstehen die Stoffe, die ein breites Wirkungsspektrum entfalten können.

Cannabinoide gibt es dabei nicht nur in der Hanfpflanze. Auch der menschliche Körper produziert sehr ähnliche Stoffe, bei denen man von Endocannabinoiden spricht. Sie sind an verschiedenen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Die pflanzlichen Cannabinoide – Phytocannabinoide genannt – stehen diesen körpereigenen Stoffen gegenüber. Neben dem Hanf stellen auch einige andere Pflanzen die wertvollen Stoffe her. Dazu zählen bspw. Sonnenhüte, Kakaobäume und schwarzer Pfeffer. Allerdings produzieren sie nicht annähernd so viel Cannabinoide wie die Hanfpflanze. 

Phytocannabinoide sind immer ölige Verbindungen, die als fettlöslich eingestuft werden. Sie lösen sich also nicht in Wasser, sondern in Fetten. Interessant ist außerdem, dass diese Cannabinoide grundsätzlich aus denselben Molekülen (Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff) bestehen, sich allerdings in ihrem Aufbau unterscheiden. Manche Verbindungen wie z.B. THC, CBD und CBC haben sogar dieselbe Summenformel (C21H30O2), aber eben eine andere Anordnung der einzelnen Elemente.

Wie wirken Cannabinoide?

Obwohl Phytocannabinoide und Endocannabinoide einen unterschiedlichen Aufbau haben, ist die Wirkung doch ähnlich. Denn beide interagieren mit dem sogenannten Endocannabinoid-System des menschlichen Körpers. Dieses ist Teil des Nervensystems und reguliert verschiedene Vorgänge wie bspw. Entzündungsreaktionen, den Appetit und Stimmungsschwankungen. Es spielt auch eine Rolle dabei, wie wir Schmerz wahrnehmen, und hat einen Einfluss auf das Immunsystem, den Gedächtnisprozess und die Gehirnentwicklung.

Das Endocannabinoid-System besteht aus Endocannabinoiden und den passenden Cannabinoid-Rezeptoren, unterteilt in CB1- und CB2-Rezeptoren. Wenn sie aneinander andocken, lösen die Cannabinoide ihre Effekte aus und beeinflussen so die zahlreichen, oben genannten Vorgänge. Auch Phytocannabinoide, also von außen zugeführte Verbindungen, können an die Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems binden und so den Körper stimulieren.  

Die wichtigsten Cannabinoide

THC

Auch wenn die Forschung rund um die Inhaltsstoffe des Hanfs immer weiter voranschreitet, gibt es noch viele offene Fragen. Besonders zur Wirkungsweise der Cannabinoide werden ständig neue Erkenntnisse veröffentlicht.

Das aktuell sicherlich am besten erforschte Cannabinoid ist dabei THC. Die Abkürzung steht für Delta-9-Tetrahydrocannabinol. THC liegt nicht in Reinform, sondern als THC-Säure in der Hanfpflanze vor. Es entsteht erst, wenn die Säure mit Wärme behandelt wird. Dies kann bspw. durch Erhitzen oder UV-Einstrahlung passieren. Man nennt diesen Prozess auch Decarboxylierung, weil dabei eine Carboxylgruppe von der Säure abgespalten wird.                  

Allgemein unterscheidet THC sich von den meisten anderen Phytocannabinoiden durch seine berauschende Wirkung. Du kennst die bekannte Abkürzung wahrscheinlich als Ursache für das „High“ von Cannabis. Aufgrund dieser Wirkung fällt THC unter das Betäubungsmittelgesetz und ist in vielen Ländern illegal. 

Die Verbindung, die bereits in den 1960er Jahren entdeckt wurde, hat aber auch einige Eigenschaften, die bei der Behandlung von Krankheiten Potenzial bieten. So kann es unter anderem beruhigend, entspannend und schmerzlindernd wirken. Außerdem kann es den Appetit anregen und hat bereits positive Auswirkungen bei Fieber und Brechreiz gezeigt. Weiterhin soll es den Augeninnendruck senken können. Die genaue Wirkung hängt dabei natürlich auch immer von der Dosis und der körperlichen Verfassung ab.

CBD

Auf dem knappen zweiten Platz der bekanntesten Cannabinoide steht sicherlich CBD, das mittlerweile in vielen Ländern für seine positiven Eigenschaften und sein therapeutisches Potenzial anerkannt wird. Dieser Trend hat CBD auch zunehmend in den Fokus der Medizin gerückt.  

CBD steht für Cannabidiol. Wie alle anderen Phytocannabinoide liegt es erst einmal als Säure in der Hanfpflanze vor und muss noch weiterbearbeitet werden, damit man reines CBD erhält. Und obwohl Entspannungsgefühle und Schmerzlinderung ebenfalls zum Wirkungsspektrum von Cannabidiol zählen, löst es doch im Gegensatz zu THC keinen Rausch aus. Deswegen kann es in Deutschland auch komplett legal erworben werden. Das Produkt muss lediglich einige Anforderungen wie bspw. einen geringen THC-Gehalt erfüllen.

Neben den bereits genannten Eigenschaften wirkt CBD auch antidepressiv, entzündungshemmend und antibakteriell. Zudem zeigt es einen interessanten Effekt, wenn es gemeinsam mit THC eingesetzt wird. So hat es in Studien die Nebenwirkungen von THC gehemmt. Diese wichtige Eigenschaft ist besonders relevant für THC-haltige Medikamente.

CBG 

Wenn du wie die meisten nur THC und CBD kennst, dann solltest du jetzt weiterlesen. Denn mit CBG existiert noch ein weiteres Phytocannabinoid, das definitiv eine Nennung verdient hat. CBG ist die Abkürzung für Cannabigerol. Es stellt den Vorläufer vieler anderer Cannabinoide wie CBD und CBC dar. Da es im Laufe der Zeit zu diesen abgebaut wird, ist der CBG-Gehalt in der reifen Hanfpflanze eher gering.

Leider gibt es noch nicht viele Studien zu Cannabigerol. Es konnte allerdings bereits eine schmerzlindernde und antibakterielle Wirkung gezeigt werden. Außerdem wurde nachgewiesen, dass CBG wie THC den Augeninnendruck senken kann. Weiteres medizinisches Potenzial bietet sich bei der Behandlung von Darmkrankheiten, da das Phytocannabinoid bei diesen entzündungshemmend reagierte.

CBN

Cannabinol, oder kurz CBN, ist leider ebenfalls erst wenig erforscht worden. Klar ist allerdings folgendes: Cannabinol entsteht durch Oxidation von THC, es wird nicht selbst durch die Hanfpflanze hergestellt. Sein Wirkungsspektrum gleicht dem anderer Phytocannabinoide. So soll CBN antibakterielle und entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen und sich positiv auf den Augeninnendruck auswirken. Besonders im Fokus steht zudem seine entspannende Wirkung, die der starker Beruhigungsmittel gleichkommt. Ein mögliches, bereits mehrfach diskutiertes Einsatzgebiet wäre daher die Behandlung von Schlafstörungen.

CBC

Hinter CBC versteckt sich Cannabichromen und damit eines der am häufigsten vorkommenden Cannabinoide der Hanfpflanze. Wie bereits oben erwähnt, entsteht es aus dem Vorgängerprodukt CBG. Cannabichromen gehört mittlerweile zu den bereits relativ gut erforschten Cannabinoiden.

Für die medizinische Forschung ist es besonders interessant, weil es sehr wahrscheinlich die Wirkung anderer Cannabinoide verstärkt. In Versuchen wurde bspw. gezeigt, dass es den beruhigenden und schmerzstillenden Effekt von THC erhöht. Sein eigenes Wirkungsspektrum beschränkt sich währenddessen auf eine kleine Anzahl an positiven Eigenschaften. Diese sind allerdings nicht minder interessant. So wirkt Cannabichromen z.B. antibiotisch gegen Bakterien, die resistent gegenüber klassischen Antibiotika sind. Außerdem gab es bereits vielversprechende Studien mit Nagetieren, bei denen antidepressive Eigenschaften nachgewiesen werden konnten.

Frederic Iselt